Volksfräse – Spann- und Opferplatte (1)

Nach nun mehr als einem Jahr mit der Volksfräse von Onkel Phil ist es nun so weit – die Opferplatte hat ausgedient. Unzählige Durchfräsungen und Bohrungen haben ihre Spuren hinterlassen. Natürlich lernt man immer dazu, und genau diese Erfahrungen sollen in eine verbesserte Version der Opfer- und Spannplatte einfließen.

Die aktuelle Opferplatte

Die aktuelle Spann- und Opferplatte hat schon einige Schnitte abbekommen, man kann schön erkennen, dass da so einiges richtig tiefe Kerben hinterlassen hat.

Die beschichtete Pressspanplatte misst 600mm x1200mm und hat eine dicke von 16mm. Um Werkstücke korrekt spannen zu können wurden in der Pressspanplatte 35 Stück Schlagmuttern versenkt. Die Opferplatte wird mit weiteren 12 M8 Schrauben auf der darunterliegenden Tischplatte festgeschraubt, in welcher zur Befestigung 12 Schlagmuttern versenkt wurden.

Nachteile der aktuellen Opferplatte

Kommt es zu einem Austausch der Opferplatte muss diese zum Großteil händisch und aufwendig gefertigt werden, denn die Platte ist um einiges größer als die Fläche, die sich mit der CNC Fräse Bearbeiten lässt (600mmx400mm)

  • Zuschneidern der Platte
  • Anzeichnen der Bohrungen – muss sehr genau sein, denn man hat eine Abhängigkeit zu den im Tisch bereits verarbeiteten Einschlagmuttern
  • 12x Befestingungslöcher Bohren und Senken
  • 35x Löcher für die Schlagmuttern
  • 35x Schlagmutter Senken
  • 35x Schlagmutter einpressen (einschlagen endete meist mit einem sehr schlechten Ergebnis)

Ein weiterer Nachteil dieser Opferplatte ist die plane Oberfläche, denn diese ist nur so genau wie die Tischplatte, mit welcher sie verschraubt ist. Es ist natürlich auch ohne weiteres möglich die verfügbare Fläche plan zu Fräsen, jedoch ist es danach nicht mehr möglich größere Teile als die zur Verfügung stehende Bearbeitungsfläche zu spannen, denn sie würden „durchhängen“. Da es sich über den gesamten Bearbeitungsbereich des Der Opferplatte um mehr als 0.4mm Variation in der Höhe handelt ist das eine unnötige Ungenauigkeit, die behoben werden muss.

Die neue Opferplatte

Anforderungen, Ideen und ein Konzept

Die neue Opferplatte soll:

  • schnell und einfach austauschbar sein
  • eine Möglichkeit bieten sie optimal plan fräsen zu können
  • keine Schlagmuttern / Rampamuffen / Einschraubmuttern beinhalten
  • aus Holz sein
  • komplett per bestehender CNC Fräse (Volksfräse) automatisch gefräst werden können
  • die Möglichkeit haben einfach und exakt (im Koordinatensystem der Maschine) einen Maschinenschraubstock anbringen zu können
  • Teile, die gleich groß bzw. größer als die Bearbeitungsfläche (600mmx400mm) sind spannen zu können
  • eine Möglichkeit bieten, jegliches zu bearbeitende Bauteil einfach ausrichten zu können (im Koordinatensystem der Maschine)
  • die Möglichkeit bieten einen Vakuumtisch aufspannen zu können
  • die Möglichkeit bieten die Opferplatte genau im Nullpunkt der CNC Fräse ausrichten zu können

Um all diese Anforderungen zu erfüllen, kam mir die Idee einer zweilagigen Opfer- bzw. Spannplatte.
Die Basisplatte beinhaltet alle nötigen Gewinde und Bohrungen. Sie kann direkt an der Tischplatte befestigt werden, die mögliche Arbeitsfläche (600mm x 400mm) wird gesenkt und somit plan gefräst. Diese Vertiefung bietet eine korrekt ausgerichtete Basis für eine reine Opferplatte, die wiederum auf die Basisplatte verschraubt werden kann. Ein Austausch ist somit um ein Vielfaches vereinfacht, denn die Arbeit rund um die Einschlagmuttern fällt bei der Opferplatte komplett weg, und kann bequem von der CNC Fräse selbst gefertigt werden.

Die Basisplatte

Die Basisplatte soll aus langlebigen Buchen-Multiplex Holz bestehen, denn sie dient nur als Basis und wird im finalen Betrieb keinen Fräser zu spüren bekommen. Die folgenden CAD Zeichnungen zeigen wie die Platte aussehen wird.

Die vielen Bohrungen dienen Unterschiedlichsten Funktionen und haben natürlich auch einen Zweck.

Basisplatte CAD – Bohrungen
  • nicht markiert: Bohrungen für M8 Einschlagmutter (Spannen der Werkstücke)
  • grün: Bohrung für die Befestigung der Basisplatte auf der Tischplatte (M8)
  • blau: Bohrungen für M8 Einschlagmutter – Befestigung der eigentlichen Opferplatte
  • pink: Bohrungen für M6 Einschlagmutter – Befestigung Vakuumtisch
  • rot: Bohrungen für M8 Einschlagmutter – Befestigung eines Maschinenschraubstocks
  • gelb: 6mm Bohrungen für Passstifte

Basisplatte – Nullpunkt finden

Die finale Zeichnung sieht schön und gut aus, jedoch war dies nicht ganz so einfach wie gedacht. Da die grün markierten Bohrungen sich an die bestehenden Befestigunsmöglichkeiten an der Tischplatte richten und der Versatz von ihnen zu dem Maschinennullpunkt nicht bekannt ist, galt es diesen genau zu messen.

Dazu wird die Volksfräse zuerst auf X und Y-Achse genullt. Dann wird sie auf den Mittelpunkt einer Befestigungsbohrung im Tisch gerichtet. Mit den Koordinaten dieser Position ist nun der Versatz der Bohrung bekannt, denn die Bohrungen haben auch fixe Abmessungen, die ich einer alten Skizze entnommen und zur Sicherheit nochmal nachgemessen habe.

Doch wie trifft man genau die Mitte einer Bohrung, in der auch noch eine Schlagmutter eingepresst ist?

Mit ein wenig „over-engineering“ – ohja ich liebe es – ist alles möglich:
Man fertigt sich ein Drehteil an, welches passgenau in eine M8 Schlagmutter passt, mit einer Verbreiterung, sodass sie nicht durchfallen kann, und spitzt diese dann an. Das wurde natürlich auch auf der Drehbank gemacht, ansonsten wirds ja zu ungenau 😛
Richtet man nun einen spitzen z.B. Phasenfräsen genau über diesem speziellen Passstift mit spitze – kann man sehr genau optisch den gewünschten Punkt finden.

Um den Nullpunkt der CNC Maschine auch in Zukunft nicht zu verlieren, wurde er mit demselben Phasenfräser ganz leicht in der Tischplatte angeritzt, somit kann er wieder hergestellt werden, falls er mal verloren gehen sollte.

Basisplatte – Fertigung

Als Basismaterial wurde Multiplex Buche mit einer Dicke von 18mm verwendet. Die Grundmaße sind 1250mm x 590mm.

Zuerst wurden die Befestigungsbohrugnen (grün) angezeichnet, per Hand gekörnert, gebohrt und gesenkt, wichtig dabei: die in der Bearbeitungsfläche liegenden Schrauben wurden etwas tiefer gesenkt, denn dort wird später noch plan gefräst.

Danach wurde die Basisplatte auf den Frästisch gelegt und fest verschraubt. Bevor es mit der CNC Bearbeitung weiter ging, wurden noch Löcher für 6mm Passstifte durch die Platte bis in den Frästisch gebohrt (gelb). Diese Passungen sind wichtig, denn will man die Basisplatte entfernen und wieder exakt gleich einlegen ist dies mithilfe der Passstifte ganz einfach möglich.

Bevor nun fleißig auf der Basisplatte mit einem bis dato noch nicht verwendeten Fräser gefräst wird lohnt es sich immer auf ein paar Reststücken desselben Materials Vorschub und Zustellung auszutesten.

Testfräsung – Planfräser

Nachdem die optimalen Parameter für den Planfräser gefunden wurden galt es die Basisplatte plan zu fräsen.

Wie man gut erkennen kann, können die Ecken mit einem 25.4mm breitem Fräser nicht ideal freigestellt werden, daher nochmals einen 6mm Fräser einspannen und die Ecke kann freigestellt werden.

Nun können die Löcher für die Einschlagmuttern (M6 & M8), die für das Spannen der Werkstücke, Schraubstock, Vakuumtisch nötig sind gefräst werden.

Basisplatte – CNC – Löcher fräsen

Basisplatte – Die Einschlagmuttern

Nachdem die Löcher genau gebohrt wurden, kann die Platte von Frästisch entfernt werden. Damit es zu keinen Verwechslungen kommt wurden die Bohrungen auf Ober und Unterseite markiert. Rot: M6 Einschlagmutter, Blau: nicht Bohren, alles Andere – M8 Einschlagmutter. Damit auf der Unterseite alle Löcher gleich tief gesenkt werden können wurde ein spezielles Werkzeug angefertigt: Einschlagmutter Senker.

Nachdem die Senkungen für die Einschlagmuttern gebohrt sind, können diese nun gesenkt werden. Da die Multiplex Buchenplatte recht hart ist, ist ein Einschlagen mit dem Hammer nicht so leicht möglich. Eine sehr gute Alternative bietet das Einpressen mit einer Schraube und ausreichen Unterlegscheiben. Dabei ist zu empfehlen: zuerst so gut es geht mit dem Akkuschrauber anziehen und danach mit der Hand (Schraubenschlüssel, oder noch besser einer Ratsche) die Schraube so festziehen, bis sie auf korrekter Tiefe sitzt.

Den wortwörtlichen Feinschliff übernimmt ein Exzenterschleifer, der auch die Markierungen einfach entfernt. Um das Holz langlebig und widerstandsfähig zu machen, wurde am Ende mit Leinöl-Firnis behandelt.

Basisplatte – Montage

Die finale Montage ist nun auch nichts mehr Neues:

  • Platte auflegen und grob ausrichten
  • Schrauben locker andrehen – sie müssen nicht halten, sie dienen lediglich der groben Ausrichtung
  • Passstifte platzieren und gefühlvoll einschlagen damit sich die Platte exakt ausrichtet
  • Befestigungsschrauben fest anziehen
  • Passstifte entfernen

Die Basis-Opferplatte an ihrem finalen Platz

Die Basisplatte macht echt einen schönen Eindruck auf dem Frästisch und wird wohl nicht mehr so schnell abgenommen 😉

Nun ist alles für die Opferplatte bereit.

Nächste Schritte

Die Basis-Opferplatte ist so weit fertig – die Opferplatte, die dann eingelegt wird, ist der nächste Schritt. Diese wird dann „nur“ mehr eingespannt und dann automatisch gefräst. Dann tauchen wir etwas tiefer in die Thematik des CNC Fräsens ein, mit einer detaillierteren Anleitung wie man von einer Zeichnung zu einem Fräsprogramm kommt.